Senat stellt Integrationsplan vor: Die Masterin der Planlosigkeit

Ein Masterplan soll die Teilhabe der Geflüchteten am gesellschaftlichen Leben regeln. Drin stehen viel Altbekanntes und vage Andeutungen.

 

Wie kann die Integration von Geflüchteten gut gelingen? Diese Frage will der Senat mit dem Masterplan Integration beantworten, den der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Integrationssenatorin Dilek Kolat (beide SPD) am Dienstag vorstellten. Wer wesentliche Neuerungen erwartet hat, wird jedoch enttäuscht. Viele im Plan angesprochene Maßnahmen gibt es bereits, teils wird lediglich ihre Ausweitung versprochen. Auch Abschiebungen sollen erleichtert werden. An anderen Punkten bleibt der Plan vage.

Unklar, so Müller, seien die Kosten. Der Doppelhaushalt 2016/17 sieht bereits rund 120 Millionen Euro pro Jahr für Integrationsaufgaben vor. Wie viel der Bund übernimmt, wird noch verhandelt, der Senat erwartet, dass dieser 50 Prozent der Kosten tragen wird. Denn Integration sei keine kommunale Aufgabe, sondern eine gesamtgesellschaftliche. Und das, so Kolat, „für die nächsten sieben bis zehn Jahre“.

Eine andere Zahl steht allerdings schon fest: 238.000 Euro hat das Unternehmen McKinsey bekommen, um den Masterplan zu erstellen. Die Aufregung darüber verstehe er nicht, sagt Müller. „McKinsey hat bereits die Bundesregierung beraten, sie haben ihr Wissen über Prozesse und Maßnahmen in anderen Bundesländern und Ländern beigesteuert.“ Dafür biete Berlin Geflüchteten nun als erstes Bundesland ein umfassendes Integrationskonzept.

Ankunft

Integration beginne mit der Ankunft, sagt Kolat. Geflüchtete sollen künftig schon bei der Registrierung ein Integrationspaket erhalten: Informationsflyer, die mit den Geflüchteten durchgesprochen werden und ihnen direkt die Werte des Zusammenlebens vermitteln sollen. Regis­triert werden Geflüchtete inzwischen gleich, wenn sie in Berlin ankommen, einen Tag später stellen sie beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihren Asylantrag. Damit hat das Land das Chaos bei der Registrierung vor dem Lageso in den Griff bekommen. Die Probleme haben sich zur Auszahlung der Leistungen verlagert, bei der das Amt zurzeit stark im Rückstand ist.

Gesundheit

Viele Flüchtlinge kommen mit psychischen Problemen aufgrund von Krieg und Flucht in die Stadt. Bislang gibt es zu wenige Angebote für sie. Laut Masterplan prüft der Senat nun, bestehende Angebote auszuweiten. Nebenbei erfährt man, dass die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Flüchtlinge, die bis Mitte des Jahres umgesetzt sein sollte, doch erst zum Jahresende vollständig eingeführt wird. Für viele Geflüchtete heißt es daher weiterhin Schlange stehen für den neuen Krankenschein.

Unterbringung

Rund 50.000 Flüchtlinge kamen 2015 in die Stadt, so viele werden auch dieses Jahr erwartet. Derzeit gibt es rund 40.000 Heimplätze, 10.000 werden bis Mitte des Jahres geschaffen, um die Turnhallen zu leeren. Für die langfristige Unterbringung setze man zudem auf MUFs (Modulare Unterkünfte), in denen bis Ende 2018 rund 24.000 Plätze entstehen sollen. Zu wenig? Müller erklärt, dass viele Menschen wieder wegziehen, bei Freunden unterkommen oder selbst eine Wohnung suchen. Aber auch der Regierende gibt zu: Die Unterbringung der Menschen „bleibt in den nächsten Jahren die große Aufgabe“.

Bildung

Auch Geflüchtete, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, sollen direkt an einem Deutschkurs teilnehmen können – wenn sie nicht aus einem sicheren Herkunftsland kommen. Damit gibt es endlich offizielle Kurse für Menschen aus Afghanistan. Die Sprachkurse an den Volkshochschulen werden um ein Wertemodul erweitert. Bisher haben 6.000 Menschen diese Kurse besucht. Bis sie Geflüchtete flächendeckend erreichen, müssen an den VHS noch einige neue Deutschlehrer eingestellt werden. Außerdem sollen Schulen und Kitas „in räumlicher Nähe“ zu den Unterkünften entstehen.

Arbeitsmarkt

Gibt es überhaupt Jobs für Geflüchtete? Kolat sagt, dass nicht nur Arbeitskräfte gesucht würden, die schon perfekt Deutsch sprechen. Sprachniveau B1 sei nicht unbedingt Voraussetzung für einen Job. Über Willkommen-in-Arbeit-Büros sollen Geflüchtete daher direkt nach Ankunft informiert und ihr Können abgefragt werden. Geflüchtete sollen 1-Euro-Jobs übernehmen dürfen. Über Praktika sollen sie möglichst schnell in Kontakt mit Betrieben kommen. Gastgewerbe, Hotels und Küchen hätten großes Interesse. Das wirkt eher wie ein Teil des Problems als die Lösung. Viele Geflüchtete wollen Deutsch lernen und sich weiterbilden. Sie stattdessen in niedrig bezahlte Jobs zu vermitteln ist kurzsichtig, wenn nicht geregelt ist, wie sie sich von dort aus weiterqualifizieren können.

Noch ist der Masterplan ein Entwurf. Viele Maßnahmen müssen nun die Bezirke umsetzen. Dafür ist pro Bezirk jeweils eine Stelle vorgesehen

 

 

Quelle: taz