Pressemitteilung, 31. Januar 2014

Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart: Die Optionspflicht soll abgeschafft werden. Kinder von Ausländern, die zwei Staatsangehörigkeiten haben, sollen sich nicht mehr für einen Pass entscheiden müssen. CDU/CSU bestehen offenbar darauf, dass die Formulierung im Koalitionsvertrag wörtlich genommen wird und nur Optionskinder von der Reform profitieren, die „in Deutschland geboren und aufgewachsen“ sind. Damit könnte ein sehr großer Verwaltungsaufwand für eine sehr kleine Gruppe notwendig werden. Wie Recherchen des Mediendienstes zeigen: Gerade einmal drei Prozent der Optionspflichtigen von 2013 waren im Ausland gemeldet.

Der Satz mit Streitpotenzial steht auf Seite elf des Koalitionsvertrags: „Wer in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, soll seinen deutschen Pass nicht verlieren und keiner Optionspflicht unterliegen.“ Legt man die Formulierung „in Deutschland geboren und aufgewachsen“ wörtlich aus, stellt sich die Frage: Sind Kinder und Jugendliche weiterhin von der Optionspflicht betroffen, wenn sie eine Weile im Ausland gelebt haben?

Wie viele Optionspflichtige möglicherweise nicht in Deutschland aufgewachsen sind, ist unklar. Laut Bundesinnenministerium (BMI) liegen keine Angaben über im Ausland gemeldete Optionskinder vor. Dennoch wird deutlich, dass es sich um eine kleine Gruppe handelt. Als „Näherungswert“ erklärt ein Sprecher des BMI dem Mediendienst: „Die Meldebehörden informieren nach § 34 StAG die zuständigen Staatsangehörigkeitsbehörden über Optionspflichtige, die in Kürze das 18. Lebensjahr vollenden werden. Die Meldungen an das Bundesverwaltungsamt im Jahr 2013 betrafen etwa drei Prozent der Optionspflichtigen dieses Jahrgangs.“ Für das Jahr 2013 rechnen die Behörden mit 4.734 Optionsfällen. Drei Prozent entsprächen demnach rund 140 Personen.

2013 war das erste Jahr, in dem Konsequenzen der Optionspflicht sichtbar wurden. Im Januar 2014 gab das Bundesverwaltungsamt 248 Fälle von einem „Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit“ aufgrund des Optionszwangs bekannt.

Zum Hintergrund:

Vertreter der SPD setzen sich derzeit dafür ein, dass die Optionspflicht „ohne wenn und aber“ falle. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat jedoch in einem Interview („Hürriyet“) bekräftigt: Einer seiner ersten Gesetzesentwürfe werde die Neuregelung der doppelten Staatsangehörigkeit für Menschen sein, „die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind“. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Stephan Meyer sekundierte in der „Welt am Sonntag“, für ihn sei „eine Verwurzelung in der deutschen Gesellschaft notwendig“. Es reiche nicht aus, dass jemand in Deutschland geboren sei.

Doch was bedeutet „Verwurzelung“ und wie soll das „Aufwachsen in Deutschland“ nachgewiesen werden? Laut Medienberichten gibt es Überlegungen, dass ein deutscher Schulabschluss als Nachweis dienen soll. Das aber würde Schulabbrecher oder Menschen mit einem Schulabschluss im Ausland pauschal von der doppelten Staatsangehörigkeit ausschließen. Laut Experten ist auch eine Definition nach Lebensjahren in Deutschland problematisch: Eine Unterscheidung zwischen Jugendlichen, die ihr ganzes Leben oder nur ein paar Jahre in Deutschland verbracht haben, ist in der Praxis nicht vorstellbar, sagt Rechtswissenschaftler Thomas Groß (IMIS) in der Berliner Zeitung. Das sei mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz schwierig. Und schaffe ein „Bürokratiemonster“.

Tatsächlich müssten Behörden alle bislang optionspflichtigen Kinder registrieren und ihren Wohnort festhalten.
Die Optionspflicht bliebe in Teilen bestehen.
Erst mit 18 Jahren würde sich entscheiden, ob sie unter das Optionsmodell fallen oder ein Anrecht auf doppelte Staatsangehörigkeit haben.

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