Henkel ist eine harte Nuss

Die Härtefallkommission hat wenig Erfolg: Innensenator Frank Henkel lehnt mehr als 60 Prozent der Fälle ab.

Frank-Henkel
Frank Henkel

Der Christdemokrat und Innensenator Frank Henkel lässt seltener Gnade vor Recht ergehen als sein SPD-Amtsvorgänger Ehrhart Körting: 2014 genehmigte Henkel knapp 36 Prozent der Anträge auf Aufenthalt, die über die Härtefallkommission (HFK) gestellt wurden. Unter Körting hatte die HFK in 60 bis 70 Prozent der Fälle Erfolg. Die Maßstäbe haben sich verschärft“, sagte Monika Hermann vom Flüchtlingsrat und Mitglied der Kommission am Dienstag bei der Vorstellung einer Bilanz zum zehnjährigen Bestehen.

Seit 2005 haben die Bundesländer die gesetzliche Möglichkeit, Härtefallkommissionen einzurichten. Die HFK „hat die Funktion, ein Bleiberecht zu gewähren außerhalb der Gesetze. Damit ist sie ein wichtiges Korrektiv, um gesetzliche Härten abzumildern“, erklärte Monika Lüke, Integrationsbeauftragte des Senats. Hermann ergänzte, es gehe vor allem „um Menschen, für die Berlin ihr Zuhause ist, die hier aufgewachsen und eingebunden sind und für die eine Abschiebung gefährlich ist“.

Die HFK besteht aus Vertretern der Kirchen, des Flüchtlingsrates, des Migrationsrates, der Senatsverwaltung für Integration sowie der Integrationsbeauftragten. Sie kann mit 2/3-Mehrheit ein Ersuchen um Aufenthalt für eine Person oder Familie an den Innensenator richten. Seit 2005 haben Körting und Henkel in 1.232 Fällen die Vorschläge der HFK angenommen, dadurch bekamen 2.802 Personen ein Bleiberecht. Darüber hinaus erhielten rund 330 Personen ein Aufenthaltsrecht nach regulären Rechtsgrundlagen, nachdem die Erörterung des Falles in der Kommission diese Möglichkeit aufdeckte.

Über die Gründe für Henkels strikten Kurs können die Kommissionsmitglieder nur Vermutungen anstellen, da der Innensenator seine Entscheidung nicht begründen muss. Es sei jedoch auffällig, dass viele Antragsteller aus Serbien, Mazedonien und Bosnien abgelehnt würden, sagte Hermann vom Flüchtlingsrat – jenen Staaten, die seit November vorigen Jahres als „sichere Herkunftsländer“ gelten. Dies seien oft Roma aus dem Westbalkan, die häufig während des Bürgerkriegs in den 90er Jahren zum ersten Mal nach Deutschland gekommen waren und später zurückgingen, dann aber erfuhren, dass sie in ihrer Heimat bis heute strukturell diskriminiert werden, ergänzte Monika Kadur, ebenfalls vom Flüchtlingsrat. Dennoch „haben wir den Eindruck, das geht an der Politik vorbei, um das Dogma von den sicheren Herkunftsländern aufrecht zu halten“.

Auffällig ist für Hermann zudem, dass auch Menschen der zweiten und dritten Einwanderergeneration abgelehnt werden, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht allein sichern können oder in der Vergangenheit Straftaten begangen haben.

Peter Marhofer, in Henkels Innenverwaltung zuständig für die HFK, bestätigte die Vermutungen zum großen Teil. Zudem sei es gesetzlich vorgesehen, dass vor allem solche Fälle berücksichtigt werden, die ihre „Integrationsleistung“ erbracht haben. In letzter Zeit habe es jedoch zunehmend Anträge von Menschen aus den West-Balkanstaaten gegeben, die erst kurze Zeit hier seien und sich noch gar nicht integrieren konnten.

Allerdings, betonte Hermann, seien diese Auflagen auch sehr hoch: Dass jemand seinen Lebensunterhalt vollständig allein sichert, „kann in der Realität oft nicht erfüllt werden, da vorher oft jahrelange Arbeitsverbote bestanden“. Zudem, kritisierte Bernd Szymanski, der für die Evangelische Kirche in der HFK sitzt, sei das Argument der Integrationsleistung für ihn „als Christ“ ebenso wenig verständlich wie die Diffamierung bestimmter Gruppen als Wirtschaftsflüchtlinge. „Das ist ein Gnadenrecht, das Herrn Henkel an die Hand gegeben ist“, sagte er.

Quelle: taz