Immer mehr Flüchtlinge dürfen nicht nach Deutschland einreisen. Die EU-Innenminister beraten am Montag über den Umgang mit Grenzkontrollen.
FREIBURG taz | Aus einem Europa ohne Grenzkontrollen wird ein Europa, das sein Heil in immer strengeren Grenzkontrollen sucht. Nicht nur Deutschland hat innerhalb des EU-Binnenmarkts Grenzkontrollen eingeführt und will vorläufig dabei bleiben.
Am Montag diskutiert der EU-Rat der Innenminister, wie es mit den Grenzkontrollen weitergehen soll. Nach dem Schengener Grenzkodex können die EU-Staaten in Fällen, „die sofortiges Handeln erfordern“, maximal zwei Monate lang Grenzkontrollen in eigener Verantwortung einführen. Diese Frist lief in Deutschland Mitte November aus. Maximal sechs Monate lang kann Deutschland nach vorheriger Konsultation der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten Grenzkontrollen beibehalten.
Je nach Rechenweise läuft die Sechsmonatsfrist im März oder Mai aus. Bis maximal zwei Jahre kann Deutschland auf Empfehlung des Rats Grenzkontrollen einführen, wenn der kontrollfreie Binnenmarkt insgesamt gefährdet ist. Im März oder Mai müsste der Rat also einen derartigen Beschluss fassen.
Diese Grenzkontrollen dienen bisher in Deutschland vor allem einer geordneten Einreise, die eine Erfassung der Personalien sicherstellen soll. Wer einen Asylantrag stellt, kann demnach einreisen. Zurückgewiesen werden Flüchtlinge nur, wenn sie in Deutschland kein Asyl beantragen, sondern weiterreisen wollen. Die Zahl solcher Zurückweisungen steigt. Im Oktober waren es 400, im November 700 und im Dezember 2.200. In den ersten beiden Januarwochen gab es laut Bundesinnenministerium schon rund 2.000 Zurückweisungen.
Zuständig nach Dublin
Immer lauter werden aber die Stimmen, vor allem in CSU und CDU, die eine generelle Zurückweisung von Flüchtlingen fordern. Die Kritiker der Regierungslinie berufen sich dabei auf Paragraf 18 des deutschen Asylgesetzes. Danach „ist die Einreise zu verweigern“, wenn der Ausländer aus einem „sicheren Drittstaat“ einreist oder ein anderer EU-Staat für das Asylverfahren zuständig wäre. Dies könnte dazu dienen, dass alle Flüchtlinge an der deutschen Grenze abgewiesen werden.
Die Bundesregierung macht hiervon bisher keinen Gebrauch. Zwar sind die Nachbarstaaten allesamt sichere Drittstaaten, allerdings ist diese Regel längst von EU-Recht „überlagert“, wie auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) jüngst erklärte. Welcher EU-Staat für ein Asylverfahren zuständig ist, bemisst sich nach der Dublin-III-Verordnung.
Zwar sind nach der Dublin-III-Verordnung vor allem die EU-Randstaaten für Asylverfahren zuständig, allerdings kann Deutschland solche Verfahren freiwillig übernehmen, was es derzeit regelmäßig macht. Eine Zurückweisung wäre auch nur an den zuständigen Staat – zum Beispiel Griechenland – möglich, nicht aber nach Österreich.
Nach einem Bericht des Spiegel gibt es inzwischen aber auch in der Bundesregierung Überlegungen für einen Plan B. Ein Papier von Innen- und Justizministerium hält Zurückweisungen von Asylsuchenden für vertretbar, wenn auch „mit rechtlichen Risiken behaftet“. Die Ministerien wollten die Existenz des Papiers nicht bestätigen.