Gemeinsame Pressemitteilung der Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL

Keine diskriminierenden Sondergesetze für Schutzsuchende: Landesflüchtlingsräte fordern die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes

Drei Jahre nach dem Hartz IV-Urteil am 9. Februar 2010 und gut ein halbes Jahr nachdem das Bundesverfassungsgericht am 18. Juli 2012 die Höhe der Leistungen nach dem Asyl­bewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für verfassungswidrig erklärt hat[1], fordern die Landesflüchtlingsräte die Abschaffung dieses diskriminierenden Gesetzes und keine Neuauflage, wie von der Bundesregierung geplant. Nur eine Eingliederung der Flüchtlinge in das System der Sozialhilfe bzw. des Arbeitslosengeldes II und der sofortige, gleichberechtigte Zugang zum Arbeitsmarkt werden die jahrelange Diskriminierung von Flüchtlingen beenden und deren Integration von Anfang an unterstützen.

Bereits am 9. Februar 2010 hat das Bundesverfassungsgericht im sog. Hartz IV-Urteil ausgeführt, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums allen Hilfebedürftigen nicht nur die physische Existenz, sondern auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben sowie die nötigen Geldmittel zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen umfasst. Spätestens seit diesem Urteil ist klar, was Verbände, PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte seit Jahren formuliert haben: Eine „Menschenwürde mit Rabatt“ widerspricht dem Sozialstaatsprinzip und lässt sich mit dem Grundgesetz nicht vereinbaren.

Dem Gedanken, es gäbe ein Existenzminimum unterhalb des Existenzminimums, hat das Bundesverfassungsgericht im Juli letzten Jahres daher eine gründliche Absage erteilt. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum sei migrationspolitisch nicht zu relativieren, so das Bundesverfassungsgericht.

Der vorliegende Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales BMAS hält weitgehend am alten System fest.[2] Schon der Name des Gesetzes bleibt eine Mogelpackung. Längst werden in diesem Gesetz nicht nur die Leistungen für Asylbewerber geregelt, sondern auch für Menschen mit Duldung und für Menschen mit einem humanitären Aufenthalt. Der Entwurf übernimmt zwar im Wesentlichen die Beträge der vom Bundesverfassungsgericht verordneten Übergangsregelung, die sich an der Sozialhilfe (SGB II/XII) orientiert, allerdings wird am Vorrang der Sachleistungsversorgung festgehalten. Die Diskriminierung durch die Einweisung in Sammellager statt Wohnungen und die in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und vielen Landkreisen in anderen Bundesländern übliche Versorgung mit Essenspaketen oder Wertgutscheinen soll weiterhin möglich bleiben. Dies ist umso unverständlicher als in der Gesetzesbegründung selbst auf die kostengünstigeren Bargeldleistungen hingewiesen wird.

Darüber hinaus soll der Anspruch auf medizinische Versorgung nach wie vor auf die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände beschränkt bleiben. Dies führt zu Auswüchsen wie in Thüringen, wo den Flüchtlingen nur provisorische Zahnplomben eingesetzt werden oder gleich zur Extraktion geschritten wird. Seit Jahren macht das Land Bremen vor, dass es auch anders geht. Hier erhält jeder AsylbLG-Berechtigte eine Versichertenkarte der AOK und muss nicht vor jedem Arztbesuch erst beim Sozialamt einen Krankenschein beantragen.[3]

Die Abschaffung des AsylbLG, die Eingliederung der Flüchtlinge in das System der Sozialhilfe bzw. des Arbeitslosengeldes II und der sofortige, gleichberechtigte Zugang zum Arbeitsmarkt ist der Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilhabe und Inklusion.

Pressekontakt:

Ivana Domazet, Flüchtlingsrat Brandenburg, Tel: 0331 / 71 64 99