Flüchtlingspolitik in Deutschland; Wankelmütige Gastfreundlichkeit

Die Mehrheit der Deutschen lehnt grenznahe Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge ab. 52 Prozent sind gegen Leistungskürzungen für Flüchtlinge.

Refugees-in-Camp

BERLIN/MÜNCHEN afp/dpa | Eine Mehrheit von 59 Prozent der Deutschen hält eine provisorische Unterbringung von Asylbewerbern in Zelten oder grenznahen Aufnahmeeinrichtungen auch bei einer hohen Abschiebewahrscheinlichkeit für falsch. 36 Prozent sprachen sich für ein solches Vorgehen aus, wie eine repräsentative Emnid-Umfrage für die Bild am Sonntag ergab. Der Erhebung zufolge lehnten zugleich 52 Prozent Leistungskürzungen für Asylsuchende ab, 33 Prozent fanden Kürzungen richtig. Bei den Anhängern der Union sprachen sich 45 Prozent gegen Leistungskürzungen aus und 39 Prozent dafür.

Eine Mehrheit von 56 Prozent plädierte in der Umfrage dafür, dass künftig auch Albanien und Kosovo als „sichere Herkunftsstaaten“ gelten sollen und damit eine Abschiebung dorthin in der Regel möglich sein wird. 31 Prozent waren gegen diesen Vorschlag. 52 Prozent zeigten sich in der Umfrage überzeugt, dass sich Deutschland gastfreundlich gegenüber Flüchtlingen verhalte, 42 Prozent waren gegenteiliger Ansicht. Für die Erhebung befragte Emnid am vergangenen Donnerstag 502 Menschen.

Auf die 16 Bundesländer kommen wegen der anhaltend hohen Flüchtlingszahlen erhöhte Kosten zu. Allein in diesem Jahr werden sich die Ausgaben auf mindestens fünf Milliarden Euro verdoppeln. Das geht aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei allen Landesregierungen hervor. Im vergangenen Jahr betrugen die Ausgaben noch geschätzt etwa 2,2 Milliarden Euro.

Die tatsächlichen Kosten liegen vermutlich noch höher, da nicht alle Bundesländer präzise Zahlen nennen. Außerdem beziehen nicht alle Länder zusätzliche Verwaltungskosten und Personalausgaben ein. Allein in Bayern und Nordrhein-Westfalen, den beiden bevölkerungsreichsten Länder, werden 2015 Asylausgaben in Höhe von zusammen etwa 1,6 Milliarden Euro erwartet. In manchen Ländern werden sich die Kosten mehr als verdreifachen, so in Schleswig-Holstein, wo die Ausgaben voraussichtlich von 80 auf 287 Millionen Euro klettern.

Wegen der Kostenexplosion sind sich alle 16 Länder einig, dass der Bund sie stärker finanziell unterstützen soll. Im ersten Halbjahr zählte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge knapp 180 000 Asylanträge – mehr als doppelt so viele wie im selben Zeitraum 2014.

Quelle: Taz