Früher verübten seine Kämpfer Verbrechen in Darfur. Heute jagt Generalmajor Daglo als Chef der Grenzpolizei Flüchtlinge, die nach Europa wollen.
„Ich sage ganz klar: Wir sind von den Flüchtlingen nicht gefährdet, denn die Menschen wollen ja nach Europa“, erklärte Generalmajor Mohammed Hamdan Daglo. Stolz präsentierte der Kommandant von Sudans Schnellen Einsatztruppen (RSF) im August auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Khartum über 800 „illegale Migranten“: Eritreer, Äthiopier und Sudanesen. Sie waren auf dem Weg Richtung Europa, als die RSF sie an der libyschen Grenze aufgriff. „Also arbeiten wir stellvertretend für Europa“, stellte der Generalmajor klar. Berühmt und berüchtigt ist er unter dem Kriegsnamen „Hametti“.
Ausgerechnet Hametti. Sudans oberster Grenzschützer gilt als mutmaßlicher Kriegsverbrecher. Als Neffe eines führenden Clanchefs aus Ost-Darfur, wo Kamelhirten und Händler bewaffnet unterwegs sind, wurde seine Reitermiliz 2003 von Sudans Regime als Stoßtrupp aufgestellt, um in Darfur Rebellen zu bekämpfen. Bekannt als „Janjaweed“, wurde Hamettis Miliz von Menschenrechtsorganisationen für grausame Verbrechen verantwortlich gemacht. Im Jahr 2009 erließ der Internationale Strafgerichtshof gegen Sudans Präsident Omar al-Bashir Haftbefehl. Der Vorwurf: Völkermord in Darfur.
In Sudan gilt Hametti als Held. Im April beförderte Präsident Bashir ihn zum Generalmajor, verteilte Tapferkeitsmedaillen. Hametti erzielte jüngst in Darfur den entscheidenden Sieg: die Zerschlagung der Rebellenarmee JEM (Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit). Während Bashir von der Ladefläche eines Pick-ups herab seine Lobrede auf Hametti hielt, verwesten im Hintergrund aufgedunsene Leichen im Wüstensand. Amnesty International berichtet in ihrem jüngsten Darfur-Bericht von Giftgasangriffen der Regierung gegen die Bevölkerung.
Hametti gilt als persönlicher Garant von Bashirs Macht. 2014 stellte er sich in seinem Hauptquartier in Darfur vor die Kameras des australischen TV-Senders ABC und rühmte sich, er empfange seine Befehle direkt vom Präsidenten. 2013 wurde seine Miliz als Grenzwächtereinheit vom Geheimdienst übernommen, um den Darfur-Rebellen die Rückzugswege abzuschneiden. Hametti heuerte seine Verwandten an. Dafür forderte er Pfründen: Macht, Ausrüstung und Einfluss.
Loyale Truppen, die Hametti ausstatten muss
Seit einer Verfassungsänderung 2015 darf Sudans Geheimdienst NISS (National Intelligence and Security Service) eigene Truppen unterhalten. Laut Artikel 151 ist er nicht mehr nur zur „Überwachung der Grenzen und Bekämpfung von Schmugglern“ durch das „Sammeln von Informationen“ zuständig, sondern ist als eigenständiges Organ der Armee gleichgestellt. Heute ist Hamettis RSF rund 6.000 Mann stark. Sie alle tragen offizielle NISS-Ausweise. Sie sind besser ausgestattet als die regulären Streitkräfte, fahren schnelle Pick-ups. Sie sind für die Überwachung der Grenzen zu Libyen, Ägypten und Tschad zuständig.
Denn das Chaos in Libyen hat auch Rebellen aus Darfur angezogen. Sie rekrutieren Flüchtlinge aus Darfur und rüsten gegen Sudans Regierung. Dagegen soll Hametti einen Puffer errichten: Er versucht, im Grenzgebiet eine Koalition mit der libyschen Miliz „Libya Dawn“ aufzubauen, die im Übergangsrat in Tripolis sitzt und von Sudan und Katar unterstützt wird – loyale Truppen also, die Hametti ausstatten muss.
Auf seiner Pressekonferenz vom August erklärte Hametti: Bei der Festnahme der 800 Migranten sei es zu Gefechten gekommen, bei welchen 25 seiner Soldaten getötet, 315 verletzt und 151 Autos zerstört worden seien. „Bei unserem Kampf gegen illegale Migration haben wir schwere Verluste hinnehmen müssen, unsere Fahrzeuge wurden zerstört, während wir durch die libysche Wüste Jagd gemacht haben. Dennoch hat uns bislang niemand dafür gedankt“, beklagte er sich. Ein mutmaßlicher Kriegsverbrecher erpresst die EU.
Die EU will in Afrika Grenzbehörden unterstützen
Für ihre neue Migrationspolitik in Afrika hat sich die EU ausgerechnet Sudan als ein Hauptpartnerland ausgeguckt. Das wichtigste Migrations-Rahmenabkommen zwischen der EU und den Staaten Ostafrikas heißt Khartum-Prozess. Sudans Präsident Bashir mag der einzige Staatschef weltweit sein, gegen den ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs anhängig ist, unter anderem auf europäische Initiative hin – jetzt strecken Europäer dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher die Hand aus.
Eine Delegation des Bundestagsausschusses für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit staunte nicht schlecht, als sie Anfang Oktober in Khartum den Innenminister traf, Leutnant Esmat Abdulrahman. Neben den Abgeordneten saßen zwei NISS-Agenten mit am Tisch. Am Vortag hatten die Deutschen Bashirs Berater Ibrahim Mahmoud Hamid getroffen, ein enger Vertrauter des Präsidenten, der für ihn die Kontakte zum Westen pflegt.
Hamid ist der offizielle sudanesische Ansprechpartner im Khartum-Prozess. Darin arbeiten EU-Staaten mit den afrikanischen Transitländern für Flüchtlinge und Migranten vom Horn von Afrika zusammen, um „Menschenhandel und Schleusertum einzudämmen“ und Migrationsströme „zu regulieren und zu kontrollieren“, wie es heißt.
„Die EU sollte das Reputationsrisiko sorgfältig abwägen, sich mit dem Sudan einzulassen“ – aus dem Rückführungsabkommen zwischen Sudan und der EU
Dafür will die EU in Afrika Grenzbehörden unterstützen. „Training, technische Hilfe und Lieferung angemessener Ausrüstung, um die Migrationspolitik umzusetzen“, heißt es in der Projektbeschreibung zum „Besseren Migrationsmanagement“ im Rahmen des Khartum-Prozesses. Diese Grenzbehörden sind Sicherheitskräfte, die in der Regel der Polizei, der Armee oder im Sudan eben dem Geheimdienst unterstehen. Wird die EU nun also mutmaßliche Kriegsverbrecher wie Hametti ausrüsten?
Haupttransitland für Ostafrikaner
Sudan ist das Haupttransitland für Migranten vom Horn von Afrika Richtung Mittelmeer. Für viele Arbeitsmigranten war es bislang Zielland: Geschätzte 2,5 Millionen aus Eritrea, Äthiopien, Tschad, Somalia oder Niger, sogar Syrer, da Sudan eines der wenigen Länder ist, für das sie kein Visum brauchen. Es gibt auch rund 365.000 vom UNHCR registrierte Flüchtlinge und Asylbewerber. Viele ziehen nun weiter gen Norden, das Land steckt in einer Wirtschaftskrise.
Sudan produziert auch selbst Flüchtlinge. Sie stellen in der EU gleich nach den Eritreern die meisten Asylanträge aus Afrika. Schuld sind die Bürgerkriege in den Regionen Darfur, Blue Nile und Südkordofan, die Verfolgung von Oppositionellen und Minderheiten. Über 3 Millionen Binnenvertriebene hausen laut UNHCR in Lagern. Der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn besuchte Anfang März die Lager: „Für viele Flüchtlinge im Sudan ist die Lage hoffnungslos. Die gefährliche Weiterreise nach Europa ist oft der einzige Ausweg“, sagte er dort in die Kameras.
Doch nur die Hälfte der Asylanträge von Sudanesen in EU-Mitgliedsstaaten wird anerkannt. Die Übrigen sollen abgeschoben werden. Die Rückführungsrate ist im Fall Sudan jedoch „besonders niedrig“, so das EU-Rückführungsabkommen mit Sudan vom März 2016. Sie liege bei nur 12 Prozent. Im Vergleich: Der Durchschnitt bei anderen Ländern beträgt 40 Prozent. Der Grund, so das Rückführungsabkommen: „ein kompletter Mangel an Kooperation von Sudans Seite“.
Um die Kooperationsbereitschaft zu steigern, verspricht die EU im nächsten Satz „Kapazitätenbildung“ und unterbreitet Sudan ein unwiderstehliches Angebot: die Wiederaufnahme des geächteten Regimes in die Weltgemeinschaft als „Partner“. Sudans Innenminister erstellte eine Wunschliste: Ausrüstung, Internierungszellen, Zäune, Kampfhubschrauber.
Italien wagte im August einen Testlauf mit einem bilateralen Vertrag. Sofort zeigte sich Sudan kooperativ: Drei Wochen später hob ein Flugzeug von Turin ab in Richtung Khartum. An Bord: 40 abgeschobene Sudanesen. Wenige Tage später stellte sich General Hametti vor die Kameras und verlangte europäische Ausrüstung.
Kaum war Merkel aus Afrika zurück …
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der EU-Politik mit ihren emsigen Afrika-Reisen und Staatsempfängen eine deutsche Handschrift verpasst. Im Khartum-Prozess sitzt die Bundesregierung im Lenkungsausschuss.
Ende 2015 reiste Entwicklungsminister Gerd Müller nach Eritrea, eines der autoritärsten Regime der Welt, und versprach im Auftrag der EU ein 200-Millionen-Euro-Paket zur „Fluchtursachenbekämpfung“. Kanzlerin Merkel besuchte in diesem Oktober Äthiopien, wo kurz zuvor Aufstände gewaltsam niedergeschlagen worden waren. Sie griff zwar zu deutlichen Worten und traf sogar Oppositionelle. Doch im selben Zug verkündete sie eine engere Zusammenarbeit mit äthiopischen Polizeikräften.
Kaum war Merkel aus Afrika zurück, kam eine Polizeidelegation aus Sudan nach Berlin. Der Chef der Immigrationsbehörde, Generalleutnant Awad Dahiya, will biometrische Pässe und Ausweise einführen. Dazu besichtigte er die Bundesdruckerei in Berlin. Danach wurden im Präsidium der Bundespolizei Hände geschüttelt. Ein „Kennenlerngespräch“, so die Pressestelle auf taz-Anfrage: „Vereinbarungen zwischen der sudanesischen Polizei und der Bundespolizei wurden mithin im Rahmen des Besuchs nicht getroffen.“
Die Partnerschaft mit Sudan ist längst geregelt – im Verborgenen. In einem geheimen Bericht des Auswärtigen Amts, der der taz vorliegt, ist von „maßgeschneiderten Länderpaketen“ die Rede, „die unter keinen Umständen an die Öffentlichkeit gelangen dürften“. Denn zu Sudan bestünden Bedenken des Auswärtigen Dienstes der EU: „Der Ruf der EU stehe auf dem Spiel, wenn sie sich zu stark mit dem Land engagiere.“
Schuldenerlass für Sudan?
Die EU hat Sudan im Rahmen des Khartum-Prozesses anteilig Gelder aus dem 40-Millionen-Euro-Topf für das „Bessere Migrationsmanagement“ zugesagt, wozu Deutschland weitere 6 Millionen zuschießt. Im Rahmen des EU-Afrika-Migrationsdialogs fließen weitere 17,5 Millionen Euro, dazu sicherte die Bundesregierung 35 Millionen Euro Hilfe für Flüchtlinge zu. Das größte, „maßgeschneiderte“ EU-Paket umfasst 100 Millionen Euro, um Herausforderungen von „Klimawandel, Armut oder Vernachlässigung“ zu bekämpfen – langfristige Fluchtursachenbekämpfung. Es wird nicht nach Khartum überwiesen, sondern von europäischen Partnern vor Ort ausgegeben.
Kurz nach Unterbreitung des 100-Millionen-Angebots kam Sudans Außenminister Ibrahim Ghandour nach Berlin und Brüssel. Der ARD erklärte er: „Wir haben schon lange nach Ausrüstung wie GPS und anderem Grenzschutzequipment gefragt.“ Darüber sei mit Deutschland und der EU gesprochen worden und er erwarte „ein gegenseitiges Einvernehmen“. Dann erzählte er: „Der Migrationskommissar in Brüssel hat mir gesagt: ‚Wir haben 12.000 illegale Migranten aus dem Sudan in der EU. Sind Sie bereit, die zurückzunehmen?‘ Ich sagte ihm: ‚Sofort. Steht zu euren Versprechen und sie sind herzlich willkommen.‘ “
Noch auf derselben Reise wurde im März das EU-Rückführungsabkommen mit Sudan unterzeichnet, eines der ersten in Afrika. Es geht um kurz- und mittelfristige Maßnahmen, um dann „Schritt für Schritt den politischen Willen des Sudan zu testen“, also ein Zuckerbrot-Ansatz nach dem Motto: Wenn Sudan mitspielt, gibt’s noch mehr hinterher. Die Peitsche ist dagegen eher gemäßigt: „Sollte die Kooperation nicht effektiv sein“, würden die EU-Mitglieder über Visarestriktionen gegen Regierungsmitglieder „diskutieren“.
Zudem erwägt die EU die Erlassung aller Schulden Sudans bei EU-Staaten, will sich bei den USA für die Streichung Sudans von der US-Terrorliste einsetzen und bei der Welthandelsorganisation für neue Gespräche. Im nächsten Satz folgt der Hinweis: „Die EU sollte das Reputationsrisiko sorgfältig abwägen, sich mit dem Sudan einzulassen.“
Menschenrechte wahren
Deswegen erfolgt das Engagement über Nichtregierungsorganisationen. Zuständig für die Umsetzung des Khartum-Prozesses in Sudan ist die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Deutschlands wichtigste Agentur für Entwicklungshilfe. Dafür ist sie in Verruf geraten. Der Grund: Ein Anhang des EU-Konzepts „Besseres Migrationsmanagement“, in dem Sudans Innenminister „verbesserte Grenz-Infrastruktur an 17 Grenzübergängen (Computer, Scanner, Server, Autos und Flugzeug)“ verlangt. Dahinter kommentiert die EU: „Im Prinzip ja, aber Flugzeug unwahrscheinlich.“
Gegenüber der taz zeigt sich die GIZ verärgert über die Veröffentlichung dieses Anhangs. Die „Wunschlisten“ der afrikanischen Regierungen seien im April 2015 bei einer Konferenz in Ägypten entstanden, so Martin Weiß von der GIZ, verantwortlich für das Projekt. „Nach der Diskussion dieses Dokuments mit der EU haben wir sehr klare Menschenrechtsprinzipien festgelegt“, so Weiß. Jetzt stehe in der Präambel als Vertragsbestandteil: „Die Maßnahmen werden ausgeführt mit vollem Respekt gegenüber den Menschenrechten von Migranten.“
Training für Sudans Grenzbeamten sei „denkbar“, so Weiß – allerdings nicht im Sudan, sondern in Äthiopien. EU-Ausbilder würden den menschengerechten Umgang mit Migranten lehren. Weiß unterstreicht: „Wir werden nicht mit Menschen zusammenarbeiten, die wegen Menschenrechtsverbrechen auf Sanktionslisten stehen“ und „wir werden keine Ausrüstung liefern, die auf geltenden Sanktionslisten aufgeführt ist.“ Einzige Ausnahme: Büromaterialien bis hin zum Laptop.
Seit April war Weiß viel unterwegs. In Kenia, Äthiopien und Sudan wurden Büros angemietet, Mitarbeiter angestellt. Im Oktober fand ein Treffen mit allen Partnern statt. Dabei wurden Projekte konkretisiert: Für Äthiopien eine „Fortbildung für Richter und Staatsanwälte in Hinsicht auf die Verfolgung von Menschenhandel mit Fokus auf den menschenrechtlichen Umgang mit Opfern“, im Sudan „Safe Houses“, in welchen Opfer von Menschenhändlern Schutz finden. „Im Sudan sind die Gefängnisse voller Migranten. Unser Auftrag ist hier, Verständnis für deren Lage herzustellen“, so Weiß. Sudans Wunschliste für Ausrüstung wurde hingegen endgültig abgelehnt.
Aber die Migrationskontrolle im Sudan bleibt in den Händen der Sicherheitsorgane. Im Rahmen des Khartum-Prozesses hat Sudan ein „Komitee zur Bekämpfung des Menschenhandels“ (NCCHF) gegründet, in dessen Leitung neben Polizei- und Armeevertretern auch NISS-Geheimdienstoffiziere sitzen. Diese neue Behörde hat viel zu tun: Khartum ist ein Zentrum von Schleusern, so ein interner Bericht der Bundesregierung. „Äußerst problematisch seien die vielen Schmugglernetzwerke“, steht da unter Berufung auf EU-Erkenntnisse.
„Es ist eine Schande“
Italienischen Ermittlungen zufolge gilt das Lager Hajar bei Khartum als Umschlagplatz für Migranten gen Libyen. Die Schlepper-Paten leben sicher in der nahe gelegenen Hauptstadt. Von dort aus soll ein somalischer Geschäftsmann enorme Summen zwischen Mittelmeer und Somalia hin und her überweisen. „Erste Klasse“-Deals werden von einem Eritreer abgewickelt: Wer es sich leisten kann, fliegt aus Khartum für 30.000 Dollar nach Singapur oder die Philippinen, von wo aus es dann mit Schengen-Visum nach Europa weitergeht.
„Es ist nicht auszuschließen, dass auch sudanesische Grenzbeamte gegen Geld die Menschenhändler unterstützen“, steht im internen Papier des Auswärtiges Amts vom Juni 2016. Sudan-Experten munkeln längst hinter vorgehaltener Hand: Sudans Regime schützt Menschenhändler. Für die EU ist es jedoch „Partner“ im Kampf gegen Menschenhandel.
„Es ist eine Schande, dass sich die GIZ auf so etwas einlässt“, kritisiert Jérôme Tubiana. Der Researcher für die Nichtregierungsorganisation Small Arms Survey und ehemalige Sudan-Ermittler der UNO kommt gerade von der Grenze zwischen Sudan und Tschad zurück. Er berichtet von Tschads Grenzposten Addé zu Sudan: ein loses Seil, mehrfach zusammengeknotet, über eine holprige Piste mitten in der Wüste – keine Demarkationslinie, kein Zaun. Ab und zu düst eine Patrouille vorbei, ein Pick-up von Tschads Grenzbehörde und Hamettis RSF, die hier zusammenarbeiten.
Aus Gesprächen mit Grenzbeamten weiß Tubiana, dass sie, obwohl sie der Polizei und damit dem Innenministerium unterstehen, mit dem Geheimdienst zusammenarbeiten. Auch von der Grenze zu Südsudan weiß er: Die Grenzbeamten in Polizeiuniform sind NISS-Agenten.
Eritreer, die jüngst geflohen sind, berichten der Exilorganisation Eritreische Initiative für Flüchtlingsrechte (EIRR), sie hätten an der Grenze hoch gerüstete Spezialeinheiten gesehen. EIRR-Direktorin Meron Estefanos bekommt Anrufe von Eritreern auf der Flucht: „Sie erzählen, Sudans Einheiten seien von Deutschen ausgerüstet worden, deswegen wagen sie sich nicht mehr über die Grenze“, sagt die Eritreerin der taz aus dem Exil in Schweden. Schon Gerüchte schrecken ab.
Auf die Frage, wie die GIZ mit den RSF-Truppen entlang Libyens Grenze umgehen wird, antwortet Weiß: „Wir müssen unsere Partner vor Ort kennenlernen und sehr sorgfältig bewerten, ob mit denen eine Zusammenarbeit möglich und überhaupt gestattet ist.“