§ 24 AufenthG muss umgehend für alle Menschen, die durch den Krieg aus der Ukraine vertrieben wurden, angewandt werden. Wir fordern das Land Berlin daher weiterhin in aller Deutlichkeit auf, sich gegenüber dem Bundesinnenministerium für eine bundeseinheitliche Lösung zugunsten aller Flüchtenden einzusetzen. Gleichzeitig darf die Existenz der durch die aktuelle Regelung diskriminierten Personen nicht allein von politischen Aushandlungen und Zuständigkeitskonflikten abhängen. Wenn der Bund nicht tätig wird, muss das Land Berlin eine Lösung finden, die außerdem auch Vorbild für andere aufnahme-willige Bundesländer sein kann.
Offener Brief
An das Land Berlin,
an die Senatorin für Inneres, Iris Spranger,
an die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Katja Kipping,
an die Senatorin für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung, Prof. Dr. Lena Kreck,
Sehr geehrte Senator*innen,
§ 24 AufenthG muss umgehend für alle Menschen, die durch den Krieg aus der Ukraine vertrieben wurden, angewandt werden. Wir fordern das Land Berlin daher weiterhin in aller Deutlichkeit auf, sich gegenüber dem Bundesinnenministerium für eine bundeseinheitliche Lösung zugunsten aller Flüchtenden einzusetzen. Gleichzeitig darf die Existenz der durch die aktuelle Regelung diskriminierten Personen nicht allein von politischen Aushandlungen und Zuständigkeitskonflikten abhängen. Wenn der Bund nicht tätig wird, muss das Land Berlin eine Lösung finden, die außerdem auch Vorbild für andere aufnahme-willige Bundesländer sein kann.
Wir fordern Sie dringend auf, § 25 Abs. 4 AufenthG anzuwenden und allen Drittstaatsangehörigen, die aus der Ukraine fliehen, aus “dringende[n] humanitäre[n] […] Gründe[n]” Aufenthaltstitel zu verleihen. Der Senat hat die Möglichkeit, für alle Kriegsvertriebenen unbürokratischen Zugang zum Aufenthaltstitel, zur Arbeitserlaubnis und zu Sozialleistungen nach § 25. Abs. 4. S. 1 AufenthG zu schaffen, und muss von dieser Möglichkeit sofort Gebrauch machen.
Drittstaatsangehörige fliehen vor demselben Angriffskrieg Russlands wie ukrainische Staatsangehörige und sind genauso vom Kriegsgeschehen und von den Kriegsfolgen betroffen. Deutschland und das Land Berlin haben seit Kriegsbeginn den Anspruch formuliert, nicht nur unmittelbar Leben retten zu wollen, sondern auch die Kriegsfolgen für die Fliehenden verringern zu wollen.
Das Land Berlin muss anerkennen, dass auch Drittstaatsangehörige ohne permanenten Aufenthaltsstatus in der Ukraine unter eben jenen Kriegsfolgen leiden, und ihnen dieselbe Unterstützung zukommen lassen, die es ukrainischen Staatsangehörigen selbstverständlich und zu Recht zubilligt.
Alle Fliehenden haben durch diesen Krieg ihre Lebensgrundlage, ihre Arbeit, ihr Studium, ihre Zukunftsplanung, Freund*innen, Familienangehörige, Nachbar*innen und vor allem den gesellschaftlichen Zusammenhalt verloren. Sie sind mindestens genauso traumatisiert, haben Angst und Schrecken erlitten und haben der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen zusehen müssen. Die Ungleichbehandlung auf der Flucht und die Unsicherheit, ob sie in der Bundesrepublik ukrainischen Staatsangehörigen gleichgestellt werden, erschwert ihre Situation zusätzlich.
Ihr Zuhause und damit auch ihr Herkunftsstaat ist – unabhängig von ihrem Reisepass und ihren anderen Dokumenten – die Ukraine. Sie kommen unmittelbar von dort und haben genau dort ihr Leben zurückgelassen. Sie haben die nachvollziehbare Hoffnung, so schnell wie möglich in die Ukraine zurückzukehren, dort ihre Leben wieder aufzunehmen und zum Wiederaufbau des Landes, das ihr Zuhause war, ihren Beitrag zu leisten. Das Interesse, bis dahin in West-Europa zu bleiben, sich hier weiterzubilden und ihren Bildungsweg oder ihre Arbeit im Anschluss in der Ukraine fortzuführen, ist absolut begründet.
Der Senat hat von Anfang an seine Solidarität mit der Ukraine und den Menschen aus der Ukraine bekundet – nicht nur mit dem Staat, sondern auch mit der dortigen Gesellschaft. Die ukrainische Gesellschaft ist divers und wie die Bundesrepublik eine Einwanderungsgesellschaft. Es steht dem Senat weder zu noch gut zu Gesicht, die Mitglieder dieser Gesellschaft in gute und schlechte Flüchtende zu spalten. Die Diskriminierung drittstaatsangehöriger Flüchtender entlang ihrer Staatsangehörigkeit muss umgehend beendet werden. Der Senat muss auch ihnen Schutz als Kriegsvertriebene gewähren.
Mit der Anwendung von § 25 Abs. 4. S. 1 AufenthG hat der Senat die Möglichkeit, auch den drittstaatsangehörigen Fliehenden ein Mindestmaß an Sicherheit, Stabilität und Zukunftsperspektiven zurückzugeben, die ihnen durch den Krieg genommen wurden. Diese Möglichkeit verstreichen zu lassen, wäre eine fatale Absage an eine solidarische Aufnahmepolitik. Werden Sie jetzt tätig!
Migrationsrat Berlin e.V. und Mitgliedsorganisationen