Berliner Landesamt für Einwanderung zusammengebrochen

Fristgerechte Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltstiteln unmöglich – Priorität allein für Abschiebungen

Während das Berliner Landesamt für Einwanderung (LEA) trotz der globalen Pandemie unvermindert Menschen abschiebt, ist die Kundenbetreuung komplett zusammengebrochen. Eine fristgerechte Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltstiteln und Arbeitserlaubnissen ist nicht mehr möglich. Das monatelange Fehlen legaler Aufenthaltsdokumente hat für die betroffenen Menschen gravierende Folgen in allen Lebensbereichen.

Flüchtlingsrat, Beratungsstellen und Initiativen fordern einen Corona-Abschiebestopp und den Einsatz aller personeller Ressourcen im LEA für die Wiederherstellung einer funktionierenden Antragsbearbeitung und Bedienung.

Vorsprachen im LEA sind seit Ende 2020 pandemiebedingt nur noch mit Termin möglich. Termine sind – wenn überhaupt – frühestens für Oktober 2021 buchbar. In manchen Fällen, etwa für Ehepartner:innen von Deutschen, sind derzeit gar keine Termine buchbar. Häufig ist das Buchungssystem ganz zusammengebrochen. Bis zum Termin erhalten die Betroffenen keine gesetzeskonforme Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Emailanfragen, Terminbuchungen und Online-Registrierungen beim LEA akzeptieren Vermietende, Arbeitgeber:innen, Banken und Behörden usw. zu Recht vielfach nicht.

Die Menschen verlieren ihre Jobs, können keine Wohnung mieten und kein Konto eröffnen. Sozialleistungen und Kindergeld werden gestoppt. Bei Kontrollen kann es zu Problemen kommen, Reisen ins Ausland sind nicht möglich. Bei den Jobcentern kommt es zu Leistungsunterbrechungen und in der Folge zu Mietrückständen. Vermieter drohen mit Kündigung der Wohnung. Die psychischen Belastungen für die Betroffenen sind enorm.

Der Zusammenbruch der Kundenbedienung steht im krassen Gegensatz zum Vollzug von Abschiebungen durch das LEA. Nur der Bereich „Rückführung“ scheint trotz Corona reibungslos zu „funktionieren“.

In 2020 ließ das LEA genauso viele Menschen außer Landes schaffen wie im Vorjahr. Berlin war 2020 mit knapp 1.000 abgeschobenen Menschen für fast 10% der Abschiebungen bundesweit verantwortlich, 2019 waren es gut 4 %. Bundesweit sind Abschiebungen in 2020 pandemiebedingt um mehr als die Hälfte zurückgegangen.[1] Auch 2021 schiebt das LEA unvermindert weiter ab und organisiert bundesweite Sammelabschiebecharter u.a. nach Moldawien, Westbalkan, Georgien oder Armenien.[2] Gnadenlos abgeschoben werden auch alte, kranke und behinderte Menschen.[3] Dabei ist für die Betroffenen derzeit pandemiebedingt der Zugang zu Rechtschutz mit Hilfe von Beratungsstellen, Anwält:innen und Gerichten erheblich erschwert.

„Der Zustand des LEA Berlin erinnert an das LAGeSo-Chaos 2015/2016. Das LEA-Chaos ist dabei nur weniger sichtbar, da der Zutritt zur Behörde nur mit gebuchtem Termin möglich ist“ sagt Georg Classen, Sprecher des Flüchtlingsrats. „Wir erkennen an, dass die Pandemie die Behörde vor große Herausforderungen stellt. Doch statt das Personal vorrangig dafür einzusetzen, Menschen mitten in der globalen Pandemie rücksichtslos in Länder mit völlig unzureichender Gesundheitsversorgung abzuschieben, muss sichergestellt werden, dass das Einwanderungsamt seinem Namen gerecht wird: Das LEA muss den Antragsstellenden eine fristgerechte Vorsprache erlauben oder die Aufenthaltsdokumente per Post zuschicken. Die Behörde muss die bundesgesetzlich vorgeschriebenen Aufenthaltsdokumente fristgerecht erteilen und verlängern und auf selbsterfundene Phantasiedokumente verzichten. Wir fordern einen Corona-Abschiebestopp und eine sofortige personelle Umstrukturierung des LEA“, so Classen weiter.

Pressekontakt: Flüchtlingsrat Berlin e.V., Tel.: 030 224 763 11, Mail: [email protected]PM_LEA_Chaos_18Mai2021 (1)