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Abschiebeflug nach Afghanistan: Blockaden am BER

Wieder werden Menschen per Sammelabschiebung nach Afghanistan geflogen. Hunderte stellen sich dem am Berliner Flughafen entgegen.

 

BERLIN/SCHÖNEFELD taz | In Sichtweite der Menschenmenge am alten Flughafen Schönefeld, der inzwischen unter dem Namen BER Terminal 5 firmiert, werden Menschen nach und nach eine Treppe hoch zu einem Flugzeug geführt. Sie sind nur schemenhaft zu erkennen, aber alle hier wissen: Sie sind Zeugen einer Abschiebung.

Umso lauter rufen sie über die Kette der behelmten Po­li­zis­t*in­nen vor sich hinweg: „Schämt Euch, schämt Euch“-Sprechchöre wechseln sich mit jenen ab, die da postulieren: „Refugees are welcome here“. Gegen 21.30 Uhr wird die Treppe weggefahren, das Flugzeug setzt sich gemächlich in Bewegung. Eine Stunde später ist es in der Luft auf dem Weg nach Kabul.

Für die Geg­ne­r*in­nen dieser von Brandenburg organisierten Sammelabschiebung von insgesamt 20 Personen nach Afghanistan ist es ein frustrierendes Ende ihrer stundenlangen Bemühungen. Insgesamt etwa 500 Menschen demonstrierten am Mittwochabend gegen diese Abschiebung, etwa ein Drittel von ihnen versuchte sie durch Blockaden zu verhindern.

Auf einer Kundgebung am Flughafen prangern Red­ne­r*in­nen verschiedener Organisationen den ganzen Abend über die Abschiebung in das Kriegsland an. „Abschiebungen nach Afghanistan bedeuten Abschiebungen in Krieg, Elend und Lebensgefahr“, sagt eine Rednerin des Flüchtlingsrates Berlin-Brandenburg. Daran ändere auch nichts, dass in dem Flugzeug später nur vermeintliche Straftäter sitzen werden. „Eine doppelte Bestrafung durch Abschiebung darf es nicht geben.“

Kritisiert wird Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD), der entgegen dem Koalitionsvertrag der rot-rot-grünen Koalition der Abschiebung von zwei sogenannten Intensivstraftätern zugestimmt hatte. Einer davon kam laut Flüchtlingsrat 2013 als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland und litt „unter einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung und psychischen Problemen auf Grund von massiven Gewalterfahrungen“ auf der Flucht. Afghanistan habe er im Alter von drei Jahren verlassen. Geisel verfügte dennoch, den Mann mit der insgesamt 38. Sammelabschiebung außer Landes zu schaffen.

Klandestine Blockadeversuche

Einer nicht-öffentlichen Mobilisierung zu zwei Sammelpunkten waren um 18:30 Uhr jeweils 60 bis 70 Personen gefolgt. Ihr Ziel: Das Abschiebegefängnis am Rande des BER. Als die zweite Gruppe eintraf, hatten die Ak­ti­vis­t*in­nen vom ersten Punkt bereits alle Zugänge zu dem vierstöckigen Gebäude des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und den eingezäunten Containerbauten daneben blockiert. Mit Fahrradschlössern hatten sie Tore zugesperrt, daneben Transparente aufgehängt. Po­li­zis­t*in­nen positionierten sich, um ein Vordringen Richtung Rollfeld zu verhindern.

Doch ob die Geflüchteten tatsächlich hier auf ihre Abschiebung warteten, ließ sich nicht mit Gewissheit klären. Schon nach einer halben Stunde machte sich die Hälfte der Ak­ti­vis­t*in­nen wieder auf den Weg und blockierte kurz darauf die Bundesstraße, um eine Anfahrt weiterer Flüchtlinge zu stoppen. Die Polizei blieb auch hier entspannt und kümmerte sich vor allem darum, den Verkehr schon vorher umzuleiten.

Als dann die Blockade der Gebäude aufgelöst war, setzte sich die Menschenmenge auf der Straße in Bewegung. Als laute Spontandemonstration zog sie herunter bis zur Kundgebung und wurde dort klatschend empfangen. Wenig später blieb den Verbliebenen nur noch der Blick auf das Flugzeug.

Quelle: taz